Interview mit Stephan Weidner (Böhse Onkelz / Der W)
Was hat sich für dich verändert seitdem du Solo-Musiker und nicht mehr Teil einer Band bist?
In erster Linie die Position auf der Bühne. Ich stehe nicht mehr auf der linken Seite sondern in der Mitte. Das ist wahrscheinlich die größte Veränderung, ansonst hat sich eigentlich gar nicht soviel verändert. Ich bin echt überrascht über die wahnsinnig vielen positiven Reaktionen von den Fans, weil ich dachte nach den ONKELZ ist es vielleicht ein ungewohntes Bild. Aber ich kann mich jetzt ganz entspannt zurücklehnen, weil wirklich alles super läuft. Es wird alles sehr gut angenommen. Also dementsprechend hat sich nicht wirklich was verändert, außer dass ich seit längerem wieder auf der Bühne stehe, trotzdem fühlt sich das noch immer sehr vertraut an.

Deine Tour ist nahezu ausverkauft...
Ja, in Deutschland schon, aber in Österreich könnten es noch ein paar Zuseher mehr sein.
Was erwartet uns bei deinem Konzert?
Ja, was erwartet euch. Ich hoffe eine Show bei der ihr seht, dass es dem Künstler Spaß macht und dass er alles gibt und es Emotionen zu sehen gibt. Das kann ich dem Zuseher versprechen. Letztendlich ist ein Konzert immer ein Geben und Nehmen. Die Show, die der Künstler bietet, hängt natürlich vom Feedback des Publikums ab. Ich bin schon gespannt, wie das Ganze in Österreich ist. Ich hab jetzt schon in den neuen und alten Bundesländern in Deutschland gespielt, jetzt bin ich in Österreich.
Du bist seit Ende März wieder auf Tour, wie machst du das mit Familie und Freunden?
Sowie immer sind die gerade Zuhause und müssen im Internet nachschauen, wo ich im Moment bin (lacht). Natürlich ist mir der Kontakt mit meiner Familie sehr wichtig und zum Glück gibt es schon so tolle Kommunikationsmittel wie “Skype” oder “iChat”, über die man sich per Video auch mal sehen kann. Das macht das ganze erträglicher, aber meine Familie ist es schon gewohnt, dass ich viel weg bin. Das macht es zwar nicht besser, aber ich arbeite daran, dass ich in Zukunft mehr bei meiner Familie bin.
Du hast letztes Jahr deine erste Solo-Platte “Schneller, Höher, Weidner” veröffentlicht. Gab es in der Produktion selbst Unterschiede als Solokünstler im Vergleich als Band?
Da gab es eigentlich gar keine Unterschiede. Bei den ONKELZ hab ich es so gemacht, dass ich die Songs geschrieben habe und die dann irgendwann den Jungs vorgespielt habe. Dieses Mal habe ich sie niemanden mehr vorgespielt, sondern sozusagen gleich selbst aufgenommen. Das ist der einzige Unterschied. Wie gesagt, hat sich bei meiner Arbeitsweise gar nichts geändert. Ich hab auch bei den ONKELZ die Stücke Kevin vorgesungen und er hat sie nachgesungen. Also im Endeffekt war produktionsmäßig gar nicht soviel anders.

Von wem hast du dann Feedback bekommen, bezüglich deiner Songs?
Ehrlich gesagt, interessiert mich das gar nicht so. Natürlich redet man mit den nächsten Personen um einen herum über die eigene Musik. Aber um ehrlich zu sein, weiß ich schon wie man einen Song gut schreibt und ob er zu mir passt. Musik ist ja auch Geschmacksache. Aber was ich wichtig und gut finde, ist ja auch das Primäre. Ob die dann später funktionieren oder nicht, ist mir in dem Moment, wo ich schreibe egal. Über so etwas denke ich erst, wenn es zu einem Release kommt, aber davor spielt das in meinen Gedanken gar keine Rolle.
Welcher Song hat jetzt speziell die wichtigste Bedeutung?
Das würde mir jetzt schwer fallen einen auszuwählen, weil jeder Song eine bestimmte Story dahinter hat und alle mit Emotionen verbunden sind, deswegen könnte ich jetzt nicht sagen “Der Song ist es”. Herausheben könnte ich jetzt nur so fiktive Geschichten wie “Tränenmeer”, die natürlich auch mit Trennung, Freunden und Tod zu tun haben. Das sind so Dinge, die natürlich auch auf der Bühne schon das eine oder andere schwierige Gefühl bringen. Zum Beispiel, wenn man an einen toten Freund denkt, macht Einen das immer traurig und natürlich auch Songs, die man für sein Kind schreibt oder Lieder die aus der Trennung mit einer Frau entstanden sind. Das sind alles sehr persönliche Geschichten und somit sind die Songs alle sehr wichtig für mich.
Die Idee von einem Soloalbum hast du ja schon länger. Welche Songs stammen aus früheren Ideen und haben es nun endgültig auf die Platte geschafft?
Die Idee eines Soloalbums besteht lange, aber ehrlich gesagt hab ich keinen von den Songs, die ich im Vorfeld geschrieben habe aufs Album genommen. Ein Lied, das relativ alt ist, wäre “Pass Gut Auf Dich Auf” und alle Anderen sind eigentlich Neuentwicklungen gewesen. Die Situationen im Leben verändern sich und das war der eigentliche Grund, warum ich ein Soloalbum geplant hatte. Die Dinge, die ich gestern getan und gesagt habe, interessieren mich am nächsten Tag gar nicht mehr und sind irgendwie weggelegt, nur dass die Songs dann halt keiner gehört hat. Diese Songs gab es, nur waren die zum Zeitpunkt dann nicht mehr wichtig. Da gab es dann andere Geschichten, die ich erzählen wollte.
Kannst du dich noch an dein erstes richtiges Konzert erinnern? Und wie das abgelaufen ist?
Ja, darüber möchte ich aber ehrlich gesagt in einem Jugendmagazin nicht sprechen (lacht).
Was geht dir am meisten auf die Nerven am Traumjob Musiker?
Im Grunde bin ich jetzt in einer Situation, wo ich das Leben richtig genießen kann. Wie ihr sehen könnt: Kann ich in schönen Hotels sein, hab einen eigenen Fahrer, somit muss ich gar nicht das harte Tour-Leben so richtig mitmachen. Deswegen genieße ich die Zeit gerade. Als Musiker war für mich sehr anstrengend die Produktion-Phase, in der es Richtung Fertigstellung des Albums geht, wo ich dann teilweise über Monate Tag und Nacht arbeite und das ganze Wochenende durch. Da geht man dann schon manchmal auf dem Zahnfleisch. Da sind die Batterien wirklich leer. Am schlimmsten ist es für mich, mein Kind zu vermissen, da leide ich am meisten.
Besuchst du privat auch noch gerne Konzerte & Festivals?
Mein Problem ist, dass ich natürlich nirgends unerkannt hingehen kann. Das macht es schwierig. Natürlich, bei so großen Sachen wie “Rock Am Ring” schau ich schon Mal in den Backstagebereich. Aber als Zuseher bei Bands, die man gerne hört, bei denen man am Liebsten in der ersten Reihe stehen und mittanzen würde - das geht halt leider nicht mehr. Aber natürlich beobachte ich Musik noch sehr genau, weil es mir einfach auch sehr viel bedeutet. Ich bin auch ständig auf der Suche nach neuen Bands und neuen Richtungen. Und dementsprechend halte ich mich auch ständig auf dem Laufenden

Welche Bands und Genres hörst du privat?
Du, ich hab eigentlich einen ziemlich breit gefächerten Musikgeschmack, das geht von Industrial über Blues über alles Mögliche. Aber am liebsten hör ich eigentlich Alternative. Das ist das, was mir am meisten Freude bereitet und was mich am meisten mitnimmt.
Welche Frage wurdest du noch nie gefragt, würdest du aber gerne beantworten?
(lacht) Die Frage muss erstmal erfunden werden. Aber das war schon mal eine ganz gute! Ich glaub die Frage hat mich noch keiner gefragt. (lacht)

Du bist ja jetzt auch unter die Modedesigner gegangen, wie sehr beteiligst du dich am Marketing des Projekts?
Modedesigner klingt immer so groß, das bin ich aber wirklich nicht. Tatsächlich hab ich einfach meine Lieblingsshirts genommen und da den Schnitt abgeschaut und hab da ein paar Prints draufgemacht, wo ich denke, dass sie gut sind - dass sie einen Inhalt haben. Man kauft sich ja oft ein Shirt, nur weil es einem gefällt. Und wenn man eines kauft, weil es irgendeinen dummen Spruch oder eine politische Botschaft hat, ist es meist nur so ein schwarzes schlabberiges Teil, was einem eigentlich gar nicht gefällt. Man trägt es halt wegen des Spruches, der oben ist. Ich hab jetzt einfach Mal versucht den Bogen zu spannen, also Inhalt, Form und Farbe zu verbinden. Das war der Hintergedanke. Das ist aber eigentlich auch nur ein Hobby, da gibt es kein großes Marketing dazu. Es gibt zwar einen Online-Shop, und es war schon eine Investition und ich denke auch, dass ich die ganze Sache weiter ausarbeiten werde. In so einem Online-Shop wird das ganze halt nicht so gut präsentiert, aber es ist wie gesagt nur ein Hobby und da kann man jetzt nicht wirklich Geld damit verdienen, weil ich die Sachen auch limitiert auflege. Da gibt es dann von manchen Shirts nur 20 Stück und mit so einer Herangehensweise kann man kein großes Geld verdienen.
Auf deiner Website möchtest du deinen Fans ja mit deinem Tourtagebuch einen näheren Einblick in den Touralltag gewähren. Meinst du also, dass es wichtig ist einen “persönlichen” Kontakt zu Fans zu halten?
Naja, ich denke, so gehört sich das heutzutage. Ich bin eher einer, der früher gedacht hat, “ich will eigentlich so viel über die Künstler wissen”. Man möchte sich ja doch irgendwie Gedanken oder einen Traum über die eigenen Idole bilden. Ich bin früher stundenlang vor den Covers der Platten, die ich hatte, gesessen und hab mir Gedanken über die Persönlichkeiten gemacht. Das war alles irgendwie geheimnisvoller. Heute wird einem alles auf dem Präsentierteller serviert. Das hat natürlich alles seine Vorteile, aber ich finde mit den ganzen neuen Medien gehört sich das auch gewisse Dinge zu präsentieren und die zu zeigen. Das Gute ist auch, dass wir da natürlich reinschreiben können, was wir wollen und somit müssen wir jetzt nicht alle intimen Details bekanntgeben. Letztendlich kontrollieren wir das ja auch und es ist ja nicht so, dass ein Paparazzi mit dabei ist . Und was ich nicht machen will, mach ich nicht.

Wie stellst du dir beruflich sowie privat deine Zukunft vor? Wo siehst du dich in 10 Jahren?
Na, ich hoffe in Rente. (lacht). Also so weit in die Zukunft zu kucken, ist natürlich nicht sinnvoll. Aber ich glaube nicht, dass ich dann noch hier sitze und Interviews gebe. Ich fühle mich jetzt noch jung und spritzig und bereit jeden Scheiß mitzumachen. Aber irgendwann ist auch mal gut. Wann das aber sein wird, weiß ich jetzt noch nicht.
Mit welcher Band war der Touralltag am Lustigsten?
Das kann ich dir jetzt gar nicht sagen. Ich finde das wäre ungerecht, eine hervorzuheben und die anderen damit zu verletzten. Alle Bands waren cool und haben uns bisher eine gute Zeit gebracht.
Abschließend noch eine letzte Frage: Wie bist du bisher mit deinem Solo-Projekt zufrieden? Und hast du auch vor es in Zukunft weiterzuführen?
Ja, ich bin total zufrieden. Für mich lief das auch in Deutschland wunderbar. Platz 2, hinter Madonna! Ich war ein halbes Jahr jetzt in den Top-100. Das sind alles ganz tolle Erfolge zum Notieren, aber für mich ist wichtiger, auch jetzt mit der Erkenntnis nach den Konzerten, dass es einfach super vom Publikum angenommen wird und dass es den Leuten Spaß macht, die Platte zu hören und die Konzerte zu besuchen. So lange die Chemie zwischen mir und dem Publikum stimmt, mache ich auch das so weiter.Danke für das Interview!
Danke an Jürgen Rottensteiner (Edel Records) & Stephan Weidner für das nette Interview!
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